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BDA Studienpreise 2020 und 2021 vergeben

20. Dezember 2021

Regelmäßig, in jedem Jahr vergibt der BDA Düsseldorf den „BDA Studienpreis“ und würdigt damit die besondere studentische Leistung für die Masterarbeit im Fachbereich Architektur an der PBSA Düsseldorf. Die Auswahl der Arbeiten erfolgt im Rahmen einer digitalen Sichtung der Jury, ausgelobt wurden die Preisträger der Jahre 2020 und 2021.
Das Preisgericht fand am Freitag, den 3. Dezember 2021 statt. Die Juroren waren
– Oliver Buddenberg, Dipl.-Ing. Architekt BDA
– Elmar Joeressen, Dipl.-Ing. Architekt BDA

Für das Jahr 2020 wurde Architektur-Absolvent Claudius Cornelius mit dem BDA Studienpreis für seine Master-Arbeit „Wohnen am Carlsplatz. Umgestaltung eines Parkhauses“ ausgezeichnet.

Für das Jahr 2021 erhielt Julian Blönnigen für seine Master-Arbeit „Wohnen im Antiluftschloss. Die Gleisüberbauung als Potential der Nachverdichtung“ ebenfalls den BDA Studienpreis.

Laudatio Claudius Cornelius (2020) von Prof. Thorsten Scheer
Die seit dem Jahrtausendwechsel zunehmend spürbare Transformation der Lebensverhältnis, die zunehmende Diversität von individuellen Lebensentwürfen sowie die veränderten Ansprüche an das Wohnen stellen den Ausgangspunkt des Entwurfs von Claudius Cornelius dar.
Sein Entwurf sieht die Umwidmung  des stadtbekannten, 1970 am Carlsplatz errichteten sechsgeschossigen Parkhauses mit seiner qualitätsvollen, zeittypischen Fassade zu einem städtischen Gewerbe- und Wohnhaus vor.
Der prominente Standort und der ortsprägende Charakter des Bestandsbaus bietet sich als Ort innerstädtischen Wohnens buchstäblich an und verspricht eine Bereicherung des örtlichen Wohnangebots. Dem Konzept größtmöglicher Diversität und Flexibilität folgend sollen Cluster-Wohnungen, Angebote für Wohngemeinschaften, Penthouses, Maisonettewohnungen, Single- und Familienwohnungen sowie Gewerberäume in der Erdgeschosszone entstehen.
Der Entwurf sieht die Entkernung bis auf die Stahlbetonskelettstruktur, den Teilabriss von Gebäudeteilen sowie bauliche Ergänzungen vor. Erfreulicherweise bleibt neben der Fassade, die dem Vorschlag des Entwurfs folgend in den Obergeschossen zu Balkonen der dahinter liegenden umgewidmet werden soll, auch ein Teil der Auffahrtrampe erhalten, die nun den durch Rückbau geschaffenen zentralen, halböffentlichen Innenhof erschließt und an die ehemalige Nutzung  des Bauwerks erinnert.
Der Entwurf bewältigt das komplexe Gefüge dominierender Sachzwängen, etwa in Form der für Wohnräume ungeeigneten Geschosshöhen oder die für eine angemessene Belichtung von Innenräumen untauglichen Gebäudetiefe auf souveräne Weise. Dies gelingt dem höchst überzeugenden Entwurf, indem er bestehende städtebauliche Qualitäten erhält und auf eine Überformung des Bestands verzichtet.
Gratulation zu einem qualitätsvollen, schöpferischen Umgang mit dem baulichen Bestand als Voraussetzung „kreativen Unterlassens“, jenem Credo, dass der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten hinsichtlich der Verantwortung der Bauschaffenden für die Bewältigung der Klimakrise kürzlich thematisiert hat.

Erläuterung zum Projekt „Wohnen am Carlsplatz. Umgestaltung eines Parkhauses“ von Claudius Cornelius
Die Veränderungen unserer Gesellschaft gehen auch an der Planung aktueller Bauvorhaben nicht spurlos vorüber. Rapides Wachstum der Städte und die postmoderne Transformation aller Lebensverhältnisse erfordern neue Anforderungen an Wohnformen und Raumstrukturen. Durch die zunehmende Individualisierung, die Alterung sowie die Flexibilisierung unserer Gesellschaft, ist die traditionelle Familie nicht mehr die Wohnform prägende Gemeinschaft.. Die Innenverdichtung in unseren Städten erfordert neue, zukunftsfähige architektonische Strategien.
Das Wohnen in der Stadt ist zu einer komplexen Angelegenheit geworden. Gesellschaftliche Trends und Entwicklungen haben in den letzten Jahrzehnten die Anforderungen an Wohnformen und Wohnräume grundlegend verändert. Deshalb gilt es, in der Innenstadt Düsseldorfs ein Wohnungsbauprojekt zu entwerfen, welches ein Alternativmodell zu der Wohnform der traditionellen Familie darstellt und auf den gesellschaftlichen Wandel reagiert.
Die bauliche Dichte der Düsseldorfer Innenstadt zählt zu den höchsten Deutschlands, Baufläche ist dementsprechend rar, Die Carlstedt befindet sich im Herzen Düsseldorfs und zeichnet sich durch ihr besondere Lage aus. Das Potential des Stadtteils, die Nähe des Rheinufers sowie die Anbindung an andere Stadtteile macht es für innerstädtisches Wohnen sehr interessant.
1970 entstand in der Carlstedt Düsseldorfs ein sechsgeschossiges Parkhaus. Im Erdgeschoss befanden sich einst eine Tankstelle und Ladenflächen. In den letzten Jahren ist die Tankstelle zurückgebaut worden und weiterer Raum für Gewerbe ist entstanden. Zudem verfügt das Parkhaus über zwei Untergeschosse, die als Tiefgarage genutzt werden. Seit Jahren wird über den Abriss des Parkhauses debattiert, um die Innenstadt mit Wohnraum zu bereichern und die Innenstadt in Zukunft autofreier und mit großzügigen Fußgängerzonen gestalten zu können.
In meiner Master-Abschlussarbeit  galt es, an dieser Stelle durch Umbau und Erweiterung des Parkhauses, einen zukunftsfähigen Wohnungsbau mit Geschäftsfläche im Erdgeschoss zu errichten. Nach einer Entkernung des des Parkhauses, bietet die Stahlbetontragstruktur eine gute Grundlage für ein Wohnungsbauprojekt. Basis des Entwurfes war es, Teilbereiche der bestehenden Bausubstanz zu erhalten und bei veränderter Nutzung aus einem reinen Zweckbau mit Hilfe von Erweiterungen einen kompletten Wohnungsbau zu entwerfen.
Die Aufgabe war es, Teile des Bestandes zu erhalten, zurück- und umzubauen und durch Hinzufügen von neuen Volumen einen sechsgeschossigen Wohnungsbau mit verschiedenen Wohnungstypen zu entwickeln, die bestehende Blockstruktur zu ergänzen und einen der vier Platzfassaden des Carlsplatzes zu erhalten.
Claudius Cornelius

Laudatio Julian Blönnigen (2021) von Prof. Thorsten Scheer
Julian Blönnigen ist auf der Suche nach innerstädtischen Verdichtungspotentialen in Düsseldorf in jenen Flächen fündig geworden, die bisher durch die Infrastruktur des Bahnverkehrs belegt sind. Nicht mehr genutzte Gleisharfen sind, wie am Derendorfer Güterbahnhof auch in der Vergangenheit bereits genutzt worden; der Entwurf von Julian Blönnigen geht allerdings über die Möglichkeiten dieser Nutzungen erheblich hinaus, indem er die Idee der Doppelnutzung von Verkehrsflächen durch deren Überbauung wieder aufnimmt.
Dabei orientierte er sich an Beispielen wie der Autobahnüberbauung an der Schlangenbader Straße in Berlin, man mag sich aber auch an Chicago erinnert fühlen, dessen Innenstadt in weiten teilen durch zwei übereinander angeordnete Verkehrsebenen bestimmt ist.
Der Entwurf sieht die Überbauung der Gleisanlage am Vinzenzplatz / Ecke Ackerstraße mit einem qualitätsvollen Wohnquartier vor. Dem Berliner Vorbild folgend widmet sich Blönnigen der Lösung der Schallschutzproblematik und betreibt damit neben der Schließung des an dieser Stelle undefinierten Straßenraums ein Stück Stadtreparatur, indem er das Quartier durch die vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt erst einer Revitalisierung zugänglich macht.
Julian Blönnigens Entwurf ist der eindrucksvolle Nachweis, dass aus Problemen unter Zuhilfenahme von Bewusstsein und Kreativität wegweisende Lösungen generieren werden können. Zu einer studentischen Abschlussarbeit von solch Herausragender Qualität kann man nur gratulieren!

Erläuterung zum Projekt „Wohnen im Antiluftschloss. Die Gleisüberbauung als Potential der Nachverdichtung“ von Julian Blönnigen
Räume oder Orte wirken wie Anker für Menschen. An einem Ort hat man die Möglichkeit vor Ort zu sein, also dort zu sein. Er generiert eine Identität. Manche Orte haben diesen Habitus verloren. Sie fungieren ausschließlich als Transiträume ohne menschliche Interaktion und sind keine innerstädtischen Bereiche voller Charme. Die Romantisierung des Ungeplanten ist der falsche Weg. Architektur und Städtebau versetzen uns in die Lage, neue Orte zu schaffen und uns selbst zu verorten. Eine an der richtigen Stelle implementierte Revitalisierung, gibt auch dem Umfeld die Möglichkeit sich zu revitalisieren. Diesen Effekt galt es in dem Entwurf zu nutzen, um das Ungeplante sinnhaft zu beplanen.
In vielen Großstädten ist der Nachverdichtungswille für den Wohnungsbau enorm. Der Grad ist unterschiedlich, aber dennoch existent. Die Städte nutzen unterschiedlichste Methoden, wie zum Beispiel die Nutzung der Grünflächen im Inneren der Blockrandbebauung, um weitere Wohnflächen zu generieren oder eine starke Überhöhung der Architekturen in der Innenstadt in Kauf zu nehmen. Die Generierung von neuem Wohnraum in der Innenstadt ist sicherlich dennoch ein Ziel, das es zu erreichen gilt. An dieser Stelle ergibt sich die Frage, ob mit der Blockrandbebauung unbedingt die grünen Lungen der Innenstadt geschlossen werden sollten, wenn in anderen Bereichen der Stadt, wie zum Beispiel den im Vorfeld erläuterten Transiträumen, ausreichend Fläche vorhanden wäre, den Stadtraum zu verdichten. Diese Orte treten in vielen Fällen in unmittelbarer Nähe von Infrastrukturachsen auf. Gleisdreiecke und Großkreuzungen, sowie mehrspurige Straßenadern, die viele Großstädte in eine Art Stückwerk unterteilen, bilden in ihrer Peripherie ungeplante Randbereiche aus. Die akustische Belastung der Infrastruktur, sowie die zumeist unansehnliche Optik der Grenzbebauung, bilden eine komplexe Basis für die Planung einer zeitgemäßen Wohnnutzung aus.
Neben der rein technischen Problematik mit den existenten Parametern in der direkten Umgebung von Infrastrukturen zu planen, ist die politische Frage des Eigentums dieser Randgebiete zu beachten. Fern- & Bundesstraßen, sowie Gleise werden dem Bund zugeschrieben. Das interne Straßennetz dem Land oder in bestimmten Fällen der jeweiligen Stadt.
Diese Arbeit befasst sich vorrangig mit den Entwurfsparametern und lässt als Absichtserklärung die politischen Zwänge außer Acht. Im Falle einer tieferen Betrachtung müssen diese selbstverständlich berücksichtigt werden.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich der klar funktionsbezogene Aufbau des Quartiers.  Die hohen Filterbauwerke schützen das Blockrandinnere vor infrastrukturellen Immissionen, wobei sie aufgrund ihrer Ausformulierung ein Maximum an Belichtung und Behaglichkeit für die kleinteilige, hochverdichtete Bebauung im Quartiersinneren generieren. Diese sind ebenfalls komplett funktional in Form und Materialität ausgebildet. Die massiven Baukörper reagieren auf mögliche Körperschalleinwirkungen aus dem Untergrund.
Julian Blönnigen