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Der Architekturpreis 2020 des BDA Ostwestfalen-Lippe ist entschieden

11. März 2021

Es war keine leichte Entscheidung beim diesjährigen Architekturpreis des BDA Ostwestfahlen-Lippe. Die hohe Qualität und Bandbreite der 35 eingereichten Projekte stellten die Juroren unter dem Vorsitz von Prof. Jasper Jochimsen (Architekt BDA, Berlin, Lehrgebiet Entwerfen TH OWL Detmold) schon zu Beginn der Sitzung fest. Zusammen mit Christian Kuckert (Architekt BDA Münster), Frank Lohse (Architekt BDA, Dortmund), Roland Nachtigäller (Direktor Museums Marta Herford) und Oliver Köhler (WDR Studio Bielefeld) vergab die Jury drei Auszeichnungen und drei Anerkennungen.

 

Auszeichnung

Jacoby Studios, Paderborn
Verfasser: David Chipperfield Architects Berlin
Bauherr: Jacoby GbR

©Simon Menges

Auf einem Grundstück in der Altstadt Paderborns direkt an der Pader gelegen, überzeugt das Projekt durch seinen souveränen Umgang mit der historischen Bausubstanz. Wo andere außer der denkmalgeschützten Kapellenfassade vielleicht alles abgeräumt hätten, betrieben Architekten und Bauherrschaft Bauarchäologie, um die unter den Überformungen der Nachkriegszeit erhaltene Substanz zu sichern und für das Projekt produktiv zu machen. Ziel war jedoch keine Rekonstruktion, auch keine didaktische Fuge zwischen alt und neu, sondern die Weiterentwicklung von beidem zu einem neuen Ganzen. Die Geschichte des Ortes wird erlebbar gemacht und mit Angemessenheit fortgeschrieben. Dabei können Innenräume zu Außenräumen werden und umgekehrt. Die feine Materialisierung verbindet alte und neue Bauteile, ohne die Übergänge zu verwischen. Das Ergebnis ist ein Glücksfall für Stadt, Bauherrschaft und Architekten.

 

Auszeichnung

Museum Peter August Böckstiegel, Werther
Verfasser: habermann.decker.architekten PartGmbB
Bauherr: Peter‐August‐Böckstiegel‐Stiftung / Kreis Gütersloh

©Claudia Dreysse

In unmittelbarerer Nachbarschaft zu seinem Geburts- und Künstlerhaus wurde ein Museum für das Werk des Malers Peter August Böckstiegel errichtet. Das Gebäude wurde als Solitär auf dem Grundstück in und aus der Landschaft entwickelt. So entsteht ein qualitätsvolles Ensemble aus Landschaftsraum, Bestand und Neubau. Die weitestgehend geschlossen Fassaden des Museums sind mit hochwertigem Naturstein bekleidet, der ursprünglich auch für das Dach verwendet werden sollte. Im Inneren überzeugt das Haus durch seine helle und freundliche Atmosphäre. Durch die wenigen, plausiblen Öffnungen wird der Landschaftsraum auch innen erlebbar und schafft so eine Verbindung zum Werk des Malers. Denn Böckstiegel lebte und arbeitete in Verbindung zur Landschaft und der ihn umgebenden bäuerlichen Arbeitswelt. Dies in der Architektur des Museums zum Ausdruck zu bringen, ist sicherlich eine Leistung dieser auch in sonstiger Hinsicht fein gelösten Bauaufgabe.

 

Auszeichnung

Feuer- und Rettungswache Gütersloh, Gütersloh
Verfasser: ARQ Architekten Rintz und Quack GmbH, Berlin
Bauherr: Stadt Gütersloh

©Laura Thiesbrummel

In der heterogenen Umgebung markiert der Neubau der Feuer- und Rettungswache mit Leitstelle mit seinem ruhigen, aus den Straßenfluchten heraus entwickelten Baukörper den Übergang ins Zentrum der Stadt. Runde Ecken, die schaufensterartig verglaste Fahrzeughalle und die gläserne eingezogene Eingangssituation an der Südecke setzen ein markantes Zeichen an der Hauptverkehrsstraße. Das Gebäude ist als Hoftypologie entwickelt und stellt mit gezielt gesetzten Vor- und Rücksprüngen einen maßstäblichen Bezug zur Umgebung her. Die Ziegelfassade ist in der Materialität der Aufgabe angemessen und im Detail gut durchgearbeitet. Auch die Innenraumgestaltung verspricht eine gute Orientierbarkeit und Räume mit hoher Aufenthaltsqualität. Das Gebäude überzeugt durch seine städtebauliche, gestalterische und funktionale Qualität. Diese Lösung für einen kommunalen Zweckbau steht unaufgeregt und selbstbewusst und gleichzeitig mit einer hohen Selbstverständlichkeit im öffentlichen Raum.

 

Anerkennung

Wohn- und Geschäftshäuser an der Oststraße, Bielefeld
Verfasser: Wannenmacher + Möller
Bauherr: GENO Immobilien GmbH

©Csaba Mester

Das Projekt besticht durch den städtebaulichen Ansatz den Maßstab an Typus und Körnigkeit der Nachbarschaft anzupassen. Die drei neuen, unterschiedlich hohen Bauten fügen sich trotz hoher Dichte mit großer Selbstverständlichkeit in die Umgebung. Zwischen den Häusern entsteht ein kleiner Platz, der ein Angebot an die Gemeinschaft macht und zum Aufenthalt einlädt. Von der Bäckerei an der Ecke bis zur Integration der Tiefgarageneinfahrt in eines der Gebäude wird alles getan, um den Stadtraum zu beleben. Einzig die erdgeschossige, gläserne Verbindung zwischen zwei Häusern scheint entbehrlich. Die Architektursprache ist klar, unaufgeregt und zudem wertig materialisiert. Ein in jeder Hinsicht beispielhaftes Projekt.

 

Anerkennung

Kanzlei am Wall, Lemgo
Verfasser: habermann.decker.architekten PartGmbB
Bauherr: Axel Wöhler, Andreas Busse, Arndt Stückemann GbR

©Simon Decker

Mit der Kanzlei am Wall wurde eine denkmalgeschützte alte Scheune überzeugend in eine moderne Arbeitswelt transformiert. Die Gebäudehülle ist außen in ihrem denkmalgeschützten Erscheinungsbild erhalten geblieben und sorgsam aufgearbeitet worden. Im Inneren hingegen hielt eine moderne Bürowelt Einzug. Das Haus im Haus Prinzip ist gut ablesbar und selbstbewusst in die alten Gemäuer eingefügt, wenn auch die Innenseite der Außenhülle stringenter erlebbar sein könnte. Lufträume und weiße Kuben ergeben ein eindrucksvolles Kontinuum von Räumen und Blickbeziehungen und lassen ein spannungsvolles Zusammenspiel von Alt und Neu entstehen.

 

Anerkennung

Sanierung und Erweiterung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals, Porta Westfalica
Verfasser: Peter Bastian Architekten BDA
Bauherr: Westfälisch‐Lippische Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH

©Roland Borgmann

Die untere Ringterrasse des 1896 errichteten monumentalen Kaiser-Wilhelm-Denkmals befand sich seit dem Krieg in einem versehrten Zustand. Zentrales Element des Entwurfs ist die Wiederherstellung der Ringterrasse. Das Raumprogramm, bestehend aus Foyer, Besucherzentrum und Gastronomie, wird weitgehend unterirdisch organisiert. Die Räume öffnen sich mit den verglasten Stützbogenfeldern zur vorgelagerten Terrasse. Die Rekonstruktion und Sanierung der Stützmauer nördlich und südlich dieser Erweiterung wird in der originalen Form und so weit möglich mit dem originalen Material wiederhergestellt. Auf der oberen Terrasse ragen zwei „neue“ Baukörper aus dunklem Metall und Glas hervor, die der vertikalen Erschließung dienen. Die Auseinandersetzung mit der monumentalen Bedeutungsschwere gelingt durch formale Zurückhaltung und strenge Rationalität.